Die Reise zum Großen Fest
 Die Elfe Sasana 
 Aufregung im Elfental 
 Sasanas Ferien 
 Unas Ulmen 
 Der Einzelgänger 
Die Reise zum Großen Fest
 Wenn Igel träumen ... 
 


Eine Elfengeschichte von kellergoethe. Die Rechte liegen beim Autor. Jegliche Veröffentlichung und Vervielfätigung bedarf der vorherigen Genehmigung.


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Teil 5

Elfenzeichnung von Pia H. "Du meinst, dass Sasana den Stein berührt hat und er sich dann erst verwandelte?" fragte Stolzbrust ungläubig.
"Wenn der Zauber wirken soll, muß die Hand eines Elf oder einer Elfe den Stein berühren", bestätigte Barantas. Und zu Togur gewandt fuhr er fort: "Allerdings erklärt dies noch nicht, warum Sasana dann verschwunden ist."
"Das weiß ich auch noch nicht", antwortete Togur. "Doch ich wette, wir finden genau an der Stelle einen großen Smaragd. Kommt, laßt uns nachsehen."
Mit diesen Worten verwandelte er sich wieder in einen Falken und wollte schon vom Boden abheben. Doch Barantas rief: "Nicht ganz so schnell! Wir müßen erst noch unseren Freund hier für den Flug vorbereiten!"
"Ach was", rief der Falke zur Antwort, "der Hirsch soll einfach wieder in die Luft springen und fliegen. Das ist doch nichts Neues für ihn."
Barantas sah Stolzbrust fragend an und dieser nickte seufzend. "Ich hoffe nur, dass es auch tatsächlich wieder so leicht ist, wie beim ersten Mal."
Doch da konnte er ganz beruhigt sein. Kaum verließen seine Füße im Sprung den Boden, ging auch schon wieder die Verwandlung in einen Adler vonstatten. Als Barantas sah, dass alles seine Richtigkeit hatte, verwandelte auch er sich in einen Vogel. Und so flogen ein Adler, ein Turmfalke und ein Habicht einträchtig nebeneinander dem Gebirge zu, in dem Sasana und Gorama so spurlos verschwunden waren.

Zeichnung von Hanne H.

Zunächst flog Togur voran, bis sie sich dem Pass näherten, bei dem der Turm stand. Von dort an übernahm Stolzbrust die Führung und wies den Weg zu dem Ort, an dem sich die Begebenheit mit dem Stein zugetragen hatte. Wegen seiner Adleraugen hatte er nicht die mindeste Schwierigkeit, schon von weitem den Stein auszumachen, der ihn tags zuvor so verwirrt hatte. Die drei Vögel landeten und nahmen wieder ihre eigentliche Gestalt an, als ihre Füße den Boden berührten.
"Dies muß der Stein sein", meinte Stolzbrust und äugte sehr mißtrauisch.
"Er muß es sein?" fragte Barantas. "Bist du denn nicht sicher?"
"Doch", entgegnete der Hirsch zögernd. "Allerdings sieht er jetzt schon wieder anders aus. Diese weißen Körner waren vorher nicht auf ihm, und er war auch nicht grün, sondern ganz normal grau."
"Warte einen Augenblick", sagte Barantas und trat zu dem Stein. Er fuhr mit der Hand über dessen Oberfläche und wischte die weißen Körner zur Seite. Nun leuchtete und funkelte das darunter liegende Grün im hellen Sonnenschein.
"Ein Smaragd!" rief Togur. "Und was für einer. Einen so großen habe ich noch nicht gesehen. Wie kommt er bloß hierher? Hier hat man doch noch nie Smaragden gefunden."
"Oh je", stöhnte Stolzbrust. "Ich erkläre es ihm nicht. Tu du das."
Barantas, an den diese Worte gerichtet waren, nickte nur kurz und begann dann, Togur in aller Kürze wieder ins Bild zu setzen.
"Also gut", sagte Togur schließlich. "Wir wissen nun, dass Sasana den Stein berührt und damit die Verwandlung in einen Smaragd vollendet hat. Doch wo ist die Elfe geblieben?"
Ratlos standen die drei am Wegesrand und starrten auf den Edelstein.
"Warte mal", meinte Barantas schließlich. "Wie lautet der Zauberspruch noch?" Er beantwortete sich die Frage gleich selbst:
"Aus grau wird grün, aus rauh wird glatt -
ein Stein, der was besondres hat."
Nachdenklich sah er von dem Edelstein zu Togur und betrachtete diesen sehr eingehend. Er sah dessen abgerissene Kleidung, die so gar nicht die Kleidung eines Elfen war und sah dann an sich selbst und sein graues Elfenkleid hinunter.
"Sag mal", wandte er sich an den Hirsch, "trug Sasana etwa auch so ein Elfengewand, wie ich es tue?"
"Was soll sie denn sonst getragen haben?" fragte Stolzbrust verwundert. "Sie ist nun einmal eine Elfe."
"Tja, dann stehen wir hier wohl vor Sasana", stellte Barantas fest.
"Wie kommst du denn darauf?" wollte Togur wissen.
"Aus grau wird grün", lautete die Antwort. "Sasanas Elfenkleid war grau. ´Aus grau wird grün`. Sie muß wohl den Stein nicht nur mit ihrer Hand berührt haben, sondern auch mit ihrem grauen Elfenkleidchen. Und so wurde aus allem Grauen der grüne Smaragd."
"Ach herrje", stieß Togur hervor. "Du könntest recht haben."
"Na, dann legt mal los!" rief Stolzbrust. "Holt sie wieder heraus aus dem Stein!"
Barantas und Togur sahen sich an und blickten dann beide zu dem Hirsch.
"Was ist denn nun?" drängte dieser ungeduldig. "Macht schon, holt Sasana zurück."
Barantas seufzte: "Wenn das so einfach wäre, hätten wir es schon getan."
"Was soll das denn heißen?" Der Hirsch war entrüstet. "Seid ihr denn nun Zauberer oder nicht?"
"Das sind wir", druckste Togur herum. "Doch einen einmal ausgesprochenen Zauber rückgängig zu machen, ist nicht so einfach."
"Willst du mir damit sagen, dass es nicht möglich ist, Sasana zurück zu holen?" Stolzbrust konnte es nicht glauben.
"Möglich ist es schon - jedenfalls hoffe ich es", sagte Barantas und verstummte dann.
"Du hoffst es? Wie soll ich das denn nun verstehen?"
"Was wir sagen wollen, ist, dass es wohl einen Weg gibt, alles wieder rückgängig zu machen. Doch wir kennen ihn nicht."
Stolzbrust stand wie vom Donner gerührt da. Mit großen Augen blickte er von einem Zauberer zum anderen.
"Ihr wißt nicht wie? Beim blauen Turmimin, was seid ihr denn für Zauberer? Ihr zaubert in der Gegend herum, dass es nur so raucht und wißt nicht, wie ihr einen Schaden, den ihr angerichtet habt, wieder ins Reine bekommt?"
"Was ist denn ein blauer Turmimin?" fragte Togur verwirrt.
"Was weiß ich denn, was ein Turmimin ist!" rief Stolzbrust erregt. "Ihr schwafelt ja auch dauernd von irgendwelchem Zeug, das ich nicht kenne. Seht endlich zu, dass ihr die Formel sprecht, die Sasana wieder aus diesem vermaledeiten Stein befreit."
"Dazu müßen wir erst den richtigen Zauberspruch in Erfahrung bringen", sagte Barantas.
"In Erfahrung bringen? Was soll das nun wieder heißen?" Stolzbrust wurde wirklich sehr ungeduldig.
"Wir werden die richtige Formel in unseren Zauberbüchern nachschlagen müßen", meinte Barantas. "Wir haben bisher nur ganz normale Steine in Edelsteine verwandelt und nie umgekehrt."
"Wir sollten diesen Stein zu meinem Turm mitnehmen", sagte Togur. "Dort suchen wir dann in aller Ruhe den richtigen Spruch, und schon ist das Problem gelöst."
"Na, du machst mir Spaß. ´In aller Ruhe` - hoffentlich dauert das nicht Monate", brummte der Hirsch. "Und wie willst du diesen schweren Stein zu deinem Turm schaffen?"
"Das werden wir schon hinbekommen", beruhigte Barantas den Hirsch. "Das gehört immerhin zu den ganz normalen Übungen eines Zauberers."
"Na, dann mal los", forderte Stolzbrust ihn auf.
Barantas hob beschwörend beide Hände und fuhr mit ihnen um den großen grünen Edelstein herum. Dabei murmelte er einige Worte, die Stolzbrust nicht verstand. Und dann hob er den Stein auf, als sei er nicht schwerer, als eine Feder.
"Siehst du", sagte er. "Manchmal gelingt uns auch etwas."
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, verwandelte er sich auch schon wieder in den Habicht und flog los. Togur zögerte nicht lange und sprang in die Höhe, um seinem Freund als Turmfalke zu folgen. Stolzbrust stand sprachlos auf dem Boden und sah den beiden mit offenem Maul nach. Als er sich von seinem Schrecken erholt hatte, rief er hinter den beiden Vögeln her: "Und was ist mit mir? Ich bin immer noch ein Hirsch!"
Doch die beiden kümmerten sich nicht um ihn und flogen einfach weiter. Der Hirsch stand unschlüssig da. Schließlich erinnerte er sich daran, was sich ereignet hatte, als sie von der Höhle aus aufgebrochen waren. Da hatte er auch einfach losspringen müßen und war ohne Probleme wieder zum Adler geworden. Hoffentlich würde es jetzt auch wieder klappen. Er nahm allen Mut zusammen, lief einige Schritte und sprang dann in die Höhe. Zu seiner großen Erleichterung vollzog sich tatsächlich wieder die Verwandlung zum Adler, und er folgte dem Falken und dem Habicht.

Zeichnung von Hanne H.

Mühelos überholte der Adler die beiden anderen Vögel und erreichte lange vor ihnen den Turm. Weil er aber nicht wußte, was dann zu tun war, umrundete er den Turm einige Male, bis der Falke und der Habicht ankamen. Die beiden flogen zielstrebig auf eine der Öffnungen hoch oben am Turm zu und durch diese in das Innere hinein. Stolzbrust folgte ihnen und landete in einem großen kreisrunden Raum. Er setzte auf dem steinernen Boden auf und sah sich erstaunt um.
Überall dort, wo keine Öffnung in der Wand war, standen Regale, die vom Boden bis zur Decke des Raumes reichten und mit dicken und dünnen Büchern bestückt waren. Nur an einer Stelle ragten zwei Mauervorsprünge in den Raum hinein. Vom Boden bis zur halben Höhe des Raumes betrug der Zwischenraum zwischen den beiden Vorsprüngen etwa drei Schritte. Von da an bis zur Decke des Zimmers liefen die Vorsprünge schräg aufeinander zu. Unten verband eine nicht sehr hohe Mauerreihe den einen Vorsprung mit dem anderen. Hinter dem Mäuerchen befand sich ein Häuflein Asche, über dem sich ein Gestell mit vier Füßen und einem Querbalken erhob. An dem Querbalken hing ein Gefäß herunter, das für einen Eimer zu klein und für eine Schale zu groß war. Stolzbrust hatte noch nie dergleichen gesehen.
In der Mitte des Raumes stand ein großer hölzerner Tisch, auf dem allerlei Geräte standen und auch sonst vielerlei Zeug herumlag, das der Hirsch nicht kannte.
Der Falke und der Habicht hatten sich mittlerweile wieder in Togur und Barantas zurückverwandelt. Barantas legte den großen Stein, den er bis dahin getragen hatte, auf dem Tisch ab und machte einige Handbewegungen, nach denen sich der Adler wieder in einen Hirschen verwandelte.
"War das nicht ein schöner Flug?" fragte Togur. "So etwas sollten wir öfter machen."
"Du kannst soviel fliegen, wie du willst", sagte Stolzbrust, "wenn du nur zuerst den richtigen Zauberspruch findest und Sasana wieder herbringst."
"Und wer bitte ist Sasana?" fragte Togur interessiert.
"Nicht schon wieder!" stöhnte der Hirsch.
Barantas hob beschwichtigend die Hand. "Nur keine Aufregung. Togur wird gleich wieder wissen, worum es geht." Er nahm einen kleinen dunkelblauen, grünlich durchwachsenen Stein auf, der bis dahin zwischen den Geräten auf dem Tisch gelegen hatte und umkreiste mit der Hand Togurs Kopf. Dabei sprach er die Worte: "Verbinde das, was ist, mit dem, was denkt, damit er richtig wird gelenkt."
Togur sah ihm dabei aufmerksam zu. Und als Barantas den Stein wieder auf den Tisch legte, sagte er: "Wie schlau von dir - ein Azurit." Und zu Stolzbrust gewandt fuhr er fort: "Ein Azurit ist auch ein Edelstein. Er fördert die Erkenntnis und bringt Erleuchtung in die Gedanken. Leider ist seine Wirkung nur sehr begrenzt. Doch immerhin - ich weiß wieder, warum wir hier sind. Laßt uns also nach der richtigen Zauberformel suchen."
Stolzbrust trat auf Barantas zu und flüsterte: "Du solltest immer so einen Azurit in der Tasche tragen, wenn du mich fragst. Und alle zwei Minuten solltest du dein Sprüchlein mit dem Denken und Lenken aufsagen."
Barantas lachte. "Es wäre schön, wenn das die Lösung wäre. Doch so einfach ist es leider nicht. Diesen Azurit kann ich erst wieder morgen benutzen. Togur hat es schon gesagt: seine Wirkung ist sehr begrenzt."
"Dann mußt du eben die ganze Tasche mit diesen Steinen füllen und immer wieder einen neuen nehmen."
Barantas blickte den Hirsch verblüfft an. "Daran habe ich noch gar nicht gedacht."
"Zauberer!" schnaubte Stolzbrust verächtlich. "Sie denken nie an das Naheliegende. Und jetzt suche endlich den richtigen Zauberspruch."
Togur hatte schon begonnen, Bücher aus den Regalen zu ziehen und darin zu blättern. Barantas schloß sich ihm nun an. Und so stöberten die beiden zaubernden Elfen in verschiedenen Büchern herum, lasen sehr aufmerksam, schüttelten immer wieder die Köpfe und blätterten weiter.

Zeichnung von Hanne H.

Der Hirsch sah sich mittlerweile genauer in dem Raum um.
"Hier liegen ja fast so viele Steine herum, wie Bücher in den Regalen stehen", murmelte er. "Ich wußte nicht, dass es so viele unterschiedliche Steine gibt."
Auf dem Tisch, den Regalbrettern und Mauersimsen lag Stein neben Stein, in allen nur denkbaren Farben und Formen. Glatt geschliffene, durchsichtige, glitzernde Steine und auch solche, die bunte Muster trugen, so, als seien sie von einem Künstler bemalt worden.
Vor einem apfelgroßen Stein blieb Stolzbrust besonders lange stehen, um ihn genau zu betrachten. Er lag auf dem unteren Rand einer der Maueröffnungen und zog den Blick des Hirsches schon deshalb auf sich, weil er dort allein lag und nicht zwischen vielen anderen Steinen. Er mußte also schon etwas besonderes sein. Die weißblaue und manchmal rosa schimmernde Farbe erinnerte Stolzbrust an irgend etwas. Doch zunächst fiel ihm nicht ein, was dies war. Wo hatte er diese milchige Farbe schon einmal gesehen? Ja, natürlich - so hatte der Stein vom Rand des Bergpfades, den Togur unabsichtlich in einen Smaragd verwandelt hatte, für eine kurze Zeit ausgesehen. Und jetzt sah er auch wieder den Regenbogen in dem Innern des Steines. Je länger der Hirsch den Stein betrachtete, um so ruhiger und ausgeglichener fühlte er sich. Er konnte seinen Blick nicht mehr abwenden und nahm nach kurzer Zeit schon nicht mehr wahr, was um ihn herum geschah. Er hörte nicht mehr das Blättern der Buchseiten und das Murmeln der Zauberer. Seine Gedanken gingen auf eine träumerische Wanderschaft.
So erschrak er sehr, als er plötzlich spürte, dass jemand sanft auf seine Stirnplatte klopfte. Barantas stand neben ihm und lachte. "Na, du warst ja ganz schön weit weg."
Der Hirsch war sehr verlegen und sagte: "Entschuldige bitte. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Ich habe einfach alles um mich herum vergessen."
Barantas nickte verstehend. "Das ist ja auch kein Wunder. Du hast dich der Magie des Adular ergeben müßen."
"Wer ist Adular?" wollte Stolzbrust wissen.
Der Elf deutete auf den Stein, in den der Hirsch so lange selbstvergessen geschaut hatte. "Dies ist ein Adular. Manche nennen ihn auch Mondstein. Sein Licht und seine Farbe erinnern tatsächlich an das Strahlen des Mondes in einer klaren Nacht. Er kann dich auf sehr lange und wunderschöne Traumreisen führen."
"Ja", bestätigte Stolzbrust, "das hat er wirklich getan. Und ich kann gar nicht sagen, wie schön es war."
"Nun reiße dich aber von dem verführerischen Anblick los", meinte der Zauberer. "Togur und ich glauben, den richtigen Spruch gefunden zu haben, der dir deine Sasana wiederbringt."
Bevor Stolzbrust etwas sagen konnte, meldete sich Togur zu Wort: "Also, ich weiß nicht recht. So ganz scheint mir der Spruch noch nicht zu passen."
"Was stört dich denn?" fragte Barantas. "Er klingt doch gut."
"Ich weiß es eben nicht genau", antwortete Togur. "Das macht mich ja so nervös."
"Und warum probiert ihr ihn nicht einfach aus?" wollte der Hirsch wissen.
"So einfach ist das nicht", erklärte Barantas nachsichtig. "Wenn es der richtige Spruch ist, ist es ja gut. Doch wenn er es nicht ist, macht er die Lösung unseres Problems möglicherweise noch schwieriger. Zauberei ist eben nicht ungefährlich."
Togur blickte nachdenklich in das dicke Buch, das er in den Händen hielt und murmelte:
"Wandle dich, hör´ auf das Wort,
erfasse Klang und Sinn,
und gib dich dieser Zauberkraft
fügsam folgend hin."
"Halt!" rief Stolzbrust erschrocken. "Hör auf damit! Wenn ihr nicht sicher seid, dass es der richtige Spruch ist, dann darfst du ihn doch nicht hersagen!"
Togur hielt verblüfft inne. Barantas aber brach in Lachen aus. Er trat zu Stolzbrust und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. "Nur keine Sorge. Togur weiß sehr genau, was er tut. Es kommt nicht nur auf die Worte an, sondern auch darauf, wie man sie sagt. Die Melodie der Worte ist genauso wichtig, wie ihr Inhalt. Verstehst du?"
"Du meinst, es schade nicht, wenn man die Worte eines Zauberspruches sagt, sie aber nicht richtig betont?"
"So ähnlich", bestätigte Barantas. "Togur sagt den Spruch nur so daher, damit ihm vielleicht auffällt, welcher Teil noch nicht stimmt."
"Na, dann mach schon weiter", sagte Stolzbrust erleichtert zu Togur. Und dieser fuhr nun auch fort:
"Gesagt ist gesagt, getan ist getan,
nichts macht es ungeschehn,
und doch will ich den Stein von einst
nun wieder vor mir sehn."
"Du hast recht", rief Barantas plötzlich aufgeregt aus. "Er stimmt nicht! So bekommen wir die Elfe nicht zurück. Wenn wir diesen Spruch verwenden, werden wir nichts anderes erreichen, als dass wieder ein ganz gewöhnlicher Stein vor uns liegt. Der letzte Teil muß anders sein. Wir wollen nicht "den Stein von einst" sehen, sondern den Stein und die Elfe!"
"Genau", sagte Togur, "wir müßen den letzten Teil ändern. Aber wie? ´Und doch will ich den Stein und die Elfe von einst nun wieder vor mir sehen`? Das paßt nicht. Das bringt den Rhythmus durcheinander."
"Wir müßen eben so umdichten, dass es zusammenpaßt", meinte Barantas.
Und nun versanken die beiden ins Nachdenken. Sie liefen hin und her, murmelten den Spruch wieder und wieder vor sich hin und probierten immer neue Reime aus. Doch so richtig zufrieden waren sie mit ihren neuen Ideen nicht. Bis Togur plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Er schaute ziemlich verdutzt drein. In seiner linken Hand hielt er das aufgeschlagene Buch und mit seiner rechten Hand machte er seltsam kreisende Bewegungen.
Barantas bemerkte die Veränderung im Verhalten seines Freundes nicht, so tief war er in die eigenen Gedanken versunken. Doch Stolzbrust trat ihm so leise wie möglich in den Weg, um Togur nur ja nicht zu stören. "Sieh dir Togur mal an. Vielleicht braucht er wieder eine Behandlung mit einem Azurit", flüsterte der Hirsch.
"Das müßte es eigentlich sein", sagte Togur nun laut. Er nickte bedächtig mit dem Kopf. "Ja, so könnte es gehen."
"Na, dann raus damit", forderte Barantas ihn auf.

Der Teich - Eine Zeichnung von Hanne H.

Für die Zeichnung danke ich sehr herzlich Hanne H.
Um das Bild vergrößert zu sehen, klicken Sie es einfach an.

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